Last Dance

Meine Geschichte fängt so an, wie wahrscheinlich schon Millionen Geschichten seit
Adam und Eva anfingen (vorausgesetzt es gab schon immer eine Art von Tanzveranstaltungen
für Jugendliche). Der Leser merkt, daß ich auf eine der Tausenden von Discobegegnungen
hinaus will, die sich ständig ereignen, so auch bei Uns in Mörlenbach.
Doch nun zu den Tatsachen. Ich war also an jenem Abend im Oktober des Jahres '89 in
meiner Stammdisco. Ausnahmsweise nur mit meinem besten Freund - ich sage
"ausnahmsweise" weil man sich mit 19 ja vorwiegend in einer Clique bewegt - und
wir waren eigentlich gar nicht darauf aus, irgendwelche Bekanntschaften zu machen.
Vielleicht mal schauen was der Markt so alles zu bieten hatte, aber ohne ernsteren
Absichten wohlgemerkt!
Dennoch waren wir in guter Stimmung, sozusagen ohne den Druck, sich bestätigen
zu müssen. Dann kam sie, die entscheidungsreichste Minute meines Lebens. Ich
tanzte gerade zu irgendeinem Funk-Stück, als mir in dem ganzen Einheitsgewühl
aus rhythmisch zuckenden Gliedmaßen ein Mädchen auffiel, das sich aus dieser
dunklen Masse heraushob wie eine Nachtigall aus einem Schwarm Krähen.

Sie war atemberaubend, nicht etwa aufgedonnert oder ausgeflippt angezogen, sondern
einfach so frisch, wie der Herbstwind im Gesicht, wenn man Morgens aus der Haustür
tritt. Sie hatte eine Ausstrahlung, ein 'gewisses Etwas', das mich auf der Stelle in Ihren
Bann zog. Ich wurde durchströmt, von diesem ganz speziellen Gefühl, uns allen
wohlbekannt, das Gefühl hier und jetzt der Situation gegenüberzustehen, auf die man
innerlich schon lange gewartet hat, erfüllt von Tatendrang und gleichzeitig zur
absoluten Bewegungslosigkeit verurteilt. Heiße und kalte Quellen sprudelten unter
meiner Schädeldecke und ich hatte diese drängende Stimme im Kopf: "Tu etwas, jetzt!",
welche aber wohl bekanntermaßen keinen Platz für konstruktive Gedanken läßt, und
wenn dann zu nichts sinnvollem. So stand ich da, mit einem Gesichtsausdruck, der
wahrscheinlich sogar die Tibetanischen Schweigemönche zu hilflos kreischenden
Lachsäcken gemacht hätte. Doch das währte nur so lange, bis sie sich (Ich hatte mich
an sie herangetanzt, oder sie sich an mich?) zufällig (?) zu mir herumdrehte und mich
mit ihrem Blick unerbittlich festhielt. Ich schaute in diese flaschengrünen Augen, Ameisen
liefen über meinen Rücken, und ich wurde den Gedanken nicht los, daß alle anderen
doch diese weiß blitzenden Entladungen sehen müßten, die zwischen unseren Gesichtern
hin und her prasselten.
Nun, plötzlich fand ich meine Fassung wieder, und ich tat das einzig Richtige in dieser
Situation: Ich war so verdattert, daß ich sie ganz unverblümt fragte ob sie mit mir tanzen
wolle (Die Musik war mir in diesem Augenblick völlig egal, ich wollte nur in ihrer Nähe
bleiben). Jetzt war natürlich die Situation entstanden, vor der alle schmachtenden
männlichen Wesen die größte Angst haben. Die Situation, in der man als Mann praktisch
die Hosen heruntergelassen hat und sich völlig der Gnade des angebeteten weiblichen
Wesens überläßt. Sagt sie ja, bin ich glücklich, sagt sie nein, bringe ich mich um!
Aber das Zünglein an der Waage schlug sich auf meine Seite und ihr verlegen flatternder
Blick sagte mir, daß die Mädchen doch nicht alle so cool sind, wie man ihnen immer
nachsagte. Nun überraschenderweise ging sie auf das Angebot des lächelnden Idioten
ein, wir schwangen das Tanzbein, soweit es möglich war und irgendwann wurde die
Musik langsamer. Zu meiner weiteren Verblüffung schien es ganz natürlich, daß wir
unsere Körper enger aneinander schmiegten.
Es war vor allem die Selbstverständlichkeit in dieser Bewegung, die mich dermaßen
faszinierte. Ich schwebte unter der Decke. Nach einer Ewigkeit in der
Schwerelosigkeit, setzten wir uns an einen Tisch nebeneinander und begannen mehr
über uns zu erfahren. Sie hieß Jaqueline (sprich: Schakeline), ihre Mutter war
Französin, doch von ihrem Vater geschieden. Sie war noch 18, und 3 Monate jünger
als ich, was ich natürlich sofort feststellte (man(n) ist ja eitel). Sie ging noch zur
Schule, besaß aber eine eigene kleine Wohnung, da man ihr die Entscheidung darüber
überlassen hatte, bei welchen Elternteil sie zu leben vorzog, und sie weder bei ihrem
Vater, noch bei ihrer Mutter leben wollte. Während unseres Gesprächs war ich in die
Betrachtung der kleinsten Einzelheiten ihres Gesichts versunken. Die dunklen
Wimpern und ihr immer leicht spöttisch wirkendes Lächeln, die wundervollen Augen
sowie die kleinen Grübchen im Mundwinkel.

Ich registrierte jedes Zucken ihres Mundwinkels, jedes lustige Augen verdrehen, jedes
kleine Nasenrümpfen, während sie sprach, und auch sie wandte den Blick keine
Sekunde ab, wenn sie mir zuhörte. Nun, irgendwann wurde der Gesprächsstoff
weniger, und proportional dazu verringerte sich auch unsere körperliche Entfernung.
Tja, und dann erwies sich, daß ich ihre Verlegenheit doch reichlich überschätzt
hatte, denn ohne mich irgendwie vorzuwarnen, schlang sie ihre Arme um mich und
zog mich an sich zu einem herrlich zärtlichen Kuß, der dieses Wort für mich neu
definierte; ich möchte sagen, dieser Kuß war intimer als alles was man in dieser
Zeit mit Worten hätte ausdrücken können.
Doch neben allen Nuancen der Zärtlichkeit war in diesem Kuß etwas völlig Neues
für mich: Außer "Ich mag dich." und "Ich vertraue dir." war da dieses
fordernde, dieses "Ich will dich.", was mir vorher noch nie passiert war.
Sicher hatte ich schon etwas Erfahrung mit Frauen sammeln dürfen, aber mit
solchem Nachdruck ist mir bisher noch keine über den Weg gelaufen. Ihre
Hände verdeutlichten dann diese Vermutung, indem sie mein Hemd hoben und
mit den Fingernägeln zart meinen Rücken streichelten. Mir brannten fast die
Sicherungen durch, denn wenn mich eins wirklich wahnsinnig machen
konnte, dann wenn mir jemand ganz leicht mit den Nägeln über den Rücken fährt.
Ich wußte nicht, warum ich mehr zitterte. Der Vorahnung wegen, oder aufgrund
der durch ihre Nägel erzeugten Gänsehaut. Keck geworden, versuchte ich mich
auch an praktischer Biologie. Ich war gerade dabei mit meinen Händen alles
Verborgene unter ihrer Bluse zu erforschen, doch ich bekam nur einen
schwachen Vorgeschmack davon, denn plötzlich ließ sie ab und sagte drei
Worte, die sich wie kochendes Öl in meinen Lenden breit machten.
"Laß uns gehen.", und ich begann zu ahnen, daß diese Nacht nicht in einem
endlosen Gespräch vor dem Haus meines Kumpels vor seiner Haustür zu Ende
gehen würde. Ich folgte ihr wie in Trance, das Blut rauschte in meinen
Ohren, und meine Füße schienen den Boden nicht zu berühren. Auf dem Weg
zu ihr nach Hause nutzten wir jede dunkle Ecke, jeden Halt an einer Straße zu
einem leidenschaftlichen Kuß, wobei sie meine Hände mehr als einmal an die
geheimnisvollsten Stellen ihres Körpers führte. Ich konnte mein Glück immer
noch nicht ganz fassen, aber der letzte Zweifel verflog, als sie die Haustür
aufschloß und mich wortlos mit hineinzog.
Das siedende Öl hatte sich inzwischen zu wohliger Wärme bis in meinen Magen
verteilt. Endlich ganz allein, wurden unsere Umarmungen immer heftiger, unsere
Schritte immer langsamer, und auf dem zweiten Treppenabsatz im
wohlgemerkt, Gemeinschaftstreppenhaus, ließen wir uns auf die Knie nieder
und sie begann hastig, mein Hemd aufzuknöpfen.
Ich war auch nicht faul, und schälte aus ihren Kleidern ein Musterexemplar
eines langbeinigen, weichen, französischen Mädchenkörpers. Jedenfalls des
aufregendsten, den ich bis dato unter die Finger bekommen hatte. Ihre vollen
Brüste verschlugen mir den Atem, als sie sich so warm in meine Handflächen
schmiegten. Sie warf ihre dunkle Mähne zurück, legte den Kopf in den Nacken
und atmete keuchend aus, dabei nestelte sie hastig an meiner Hose und begann
alles darunterliegende zärtlich freizulegen. Ich merkte, daß dieses Maß an
Erfahrung nicht auf Jungfräulichkeit schließen lassen konnte, und verspürte
Erleichterung darüber, daß es nicht auf mich alleine ankam.
Auf meine Frage konnte sie gerade noch antworten, daß sie die Pille nehme, dann
bat sie mich nur noch, ihr den Mund zuzuhalten, was ich jedoch erst dann tat, als
der Hund in der Wohnung über uns zu kläffen anfing. Dann erlangte das Fleisch
die Oberhand über den ohnehin schon geschwächten Geist, und wir überließen
uns völlig unserer Leidenschaft, die mir einen zerkratzten Rücken und einen
halb abgebissenen rechten Mittelfinger einbrachte (mit rechts hielt ich ihr den Mund zu).
Außer Atem und verwirrt von dieser Flut neuer Sinneseindrücke erwachten
wir aus der Ekstase, lösten unsere zitternden Körper aus der Umklammerung,
kletterten die fünf Stufen hinunter, die wir uns emporgearbeitet hatten, sammelten
unsere Klamotten ein und gingen hinauf in ihre Wohnung, wo sie mir den Rest
der Nacht zeigte, was noch so alles im Bereich des Machbaren liegt, wenn sich
zwei jugendliche Körper total aufeinander eingestellt haben. Und eines könnt ihr
mir glauben, da ist ziemlich viel im Bereich des Möglichen, meine kleine
Französin hatte auf diesem Gebiet schon Verteufelt viel Wissen gesammelt.
Ich habe mich oft gefragt, ob die Nachbarn in dieser Nacht ein Auge zutun
konnten - der Hund hat es jedenfalls nicht geschafft - doch zu jenem Zeitpunkt
hätte auch die Decke einstürzen können und es hätte uns nichts ausgemacht.
Am anderen Tag wollte mir mein Freund natürlich kein Wort glauben, erst
recht nicht, als er Jaqueline kennenlernte, doch für mich hat das Sprichwort
von den stillen Wassern erst durch sie eine Bedeutung erlangt. Heute habe ich
Jaqueline aus den Augen verloren, leider muß ich dazu sagen, denn mit ihr
hätte ich bestimmt noch lange Zeit sehr Glücklich sein können. Aber da ja
alles im Leben einen tieferen Sinn hat, wird sich auch dabei jemand etwas
gedacht haben. zumindest durfte ich sehr viel lernen in dieser Zeit mit Ihr,
wofür ich noch Heute sehr dankbar bin!